Was tun gegen den Pastorenmangel?
Pastor dringend gesucht! Diesen Hilferuf äussern immer mehr Gemeinden. Wie sich der aktuelle Pastorenmangel lösen lässt, diskutierten rund 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Theologischen Forum des tsc-Netzwerks Ende April 2024.
«Gemeinden, Bildung, Jugendverbände und Mission bilden ein Ökosystem»
«Auf 35 Studierende kamen 340 Stellenangebote», berichtete Dr. Benedikt Walker, der Rektor des tsc, von einer Veranstaltung, bei der sich Gemeindeverbände als potenzielle Arbeitgeber vorstellten. Als Hauptgrund für den Pastorenmangel sieht er die demografische Entwicklung. Aktuell gehen die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer in den Ruhestand, während der Anteil der jungen Erwachsenen an der Bevölkerung rückläufig ist. Beim Pastorendienst kommt hinzu, dass relativ viele nach wenigen Jahren aus dem Gemeindedienst in andere Dienste wechseln oder ganz aussteigen.
Um zu Lösungen zu kommen, sieht Benedikt Walker sowohl Gemeinden als auch Bildung, Jugendverbände und Mission in einer gemeinsamen Verantwortung: «Wir bilden ein Ökosystem und sitzen im selben Boot. Ich sehe die Chance, dass wir gemeinsam besser weiterkommen.» Mit dieser Intention fand das Theologische Forum 2024 des tsc-Netzwerks statt.
Positiver vom Pastorenberuf sprechen
Zunächst stellte Christian Seitz, Regionalleiter der Viva Kirche Schweiz, fest, dass es für den pastoralen Dienst eine Berufung braucht und Gott leidenschaftliche Menschen beruft. «Berufung wird konkret, wenn sich unsere eigenen menschlichen Sehnsüchte mit Gottes Empfindungen und Absichten identifizieren und mit seinen Zielen übereinstimmen.» Spannend verlief eine Diskussionsrunde mit Studierenden des tsc. Sie berichteten, dass falsche Vorstellungen oder Angst vor Überforderung vom Einstieg in den pastoralen Dienst abhalten können. Im Gemeindedienst sind ihnen Teamarbeit und Wertschätzung besonders wichtig. Sebastian Friedle, Pastor der Ev. Chrischona-Gemeinde Freiburg, schlug deshalb vor, positiver vom Pastorenberuf zu sprechen. «Der Pastorendienst ist ein Premiumberuf: Er hat eine Bedeutung, ist vielfältig, abwechslungsreich und bringt viele Gestaltungsfreiräume mit.» Beat Ungricht, Regionalleiter der Viva Kirche Schweiz, kann sich künftig regionale Kompetenzzentren aus mehreren Gemeinden vorstellen, in denen Pastoren gabenorientiert und im Team zusammenarbeiten.
«Mein Thema war Berufung. Ich habe darüber gestaunt, dass Gott selbst ein leidenschaftlicher Gott ist und dass er leidenschaftliche Menschen sucht und diese berufen will, dass sie mit Gottes Hilfe Dinge wagen, die sie sich selbst nicht zutrauen. Ich nehme vom Theologischen Forum mit, dass wir alle in einem ökologischen System miteinander verbunden sind. Ich würde das Bild des Mobiles nutzen, dass wir gemeinsam abhängig sind, aber gemeinsam auch viele Ressourcen haben, die wir miteinander nutzen können, um dem pastoralen Fachkräftemangel entgegenzutreten.»
Christian Seitz, Regionalleiter Viva Kirche Schweiz
Pastoren durch Weiterbildungen befähigen und ermutigen
Und was können theologische Bildungsinstitutionen wie das tsc gegen den Pastorenmangel tun? Benedikt Walker erklärte: «Bildung hat nie Selbstzweck. Unser Ziel ist es, Menschen durch theologische Aus- und Weiterbildung für den pastoralen Dienst zu befähigen». Also hat das tsc gemeinsam mit dem Institut für Führung- und Gemeinde-Entwicklung in den letzten Jahren unter anderem ein Pastoral-Training, ein Leiter-Entwicklungsprogramm und ganz neu die Akademie GenerationPLUS entwickelt. Die Idee dahinter: Pastoren sollen befähigt und ermutigt werden. Und die Generation der Babyboomer soll fit werden, ihren neuen Lebensabschnitt aktiv zu gestalten und ein neues Miteinander der Generationen in der Gemeinde zu leben. Das kann dazu beitragen, Pastoren teilweise zu entlasten.
«Bildung hat nie Selbstzweck. Unser Ziel ist es, Menschen durch theologische Aus- und Weiterbildung für den pastoralen Dienst zu befähigen.»
Dr. Benedikt Walker, Rektor tsc
«Es hat mich begeistert, alle diese Perspektiven zu hören»
Mit dem Theologischen Forum hat das tsc-Netzwerk für den Pastorenmangel sensibilisiert und erste Lösungsansätze aufgezeigt. Viele Teilnehmer haben sich vorgenommen, positiver vom Pastorendienst zu sprechen und Menschen konkret Mut dafür zu machen. Peter Schneeberger, Präsident des Dachverbands Freikirchen Schweiz und der FEG Schweiz, hat profitiert vom Zusammenspiel zwischen Gemeindeverbänden, Jugendverbänden, Bildung und Mission: «Es hat mich begeistert, alle diese Perspektiven auf den Pastorennachwuchs zu hören und mitzuringen, um neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den Dienst im Reich Gottes zu finden.»
Statements von Teilnehmern:
«Ich habe eine neue Freude und Liebe dafür entdeckt, dass die Generationen Freude aneinander haben, dass sie einander zudienen, füreinander da sind. Das gilt sowohl für die junge Generation wie auch für die älter werdende Generation. Wenn beide Freude daran haben, sich ineinander zu investieren, füreinander da zu sein, sich Räume zu schaffen, dann hat Kirche Zukunft.»
Josias Burgherr, Leiter Kommunikation und Young Generation Viva Kirche Schweiz
«Ich habe einen dicken Blumenstrauss an Ideen und keine endgültige Lösung mitgenommen. Eine Sache, die ich definitiv mitnehme, ist die Frage: Wann rede ich eigentlich wie über das, was mich begeistert an meinem Job? Rede ich nur in gestressten Phasen darüber, was mich stresst oder auch darüber, warum ich eigentlich Jugendreferentin bin? Das möchte ich auf jeden Fall mitnehmen, die Begeisterung mitzunehmen und weiterzugeben.»
Johanna Habel, Jugendreferentin Stami Lörrach